von suavito » Mi, 23.08.2006 09:34
Du hast zum Teil recht, Peter. Ich habe nochmal nachgelesen und zitiere hier ausführlicher: Zu den Programmen, die den ODF-Standard unterstützen,
gehören neben OpenOffice bereits die Büro-Suite KOffice [...] - und bald auch das Office-Paket von Microsoft.
Mit der Open-Source-Initiative "Open XML Translator Project" möchte Microsoft nämlich ODF-Add-ins für seine Office-Programme entwickeln. Bereits Ende des Jahres soll jenes für Word 2007 fertig sein, die Unterstützung für Excel und Power-Point nächstes Jahr folgen.
In freudiger Reaktion auf das Umschwenken der Redmonder rief OpenOffice.org in einer Pressemitteilung Microsoft auf, ODF doch gleich als Default-Format zu verwenden. Microsoft will in seinem "Open XML Translator Project" aber längst nicht alles unterstützen, was OpenOffice darstellen kann, sondern nur das, was das ISO-spezifizierte ODF (ISO/IEC DIS 26300) hergibt und verweist auf ein offenes Geheimnis: Was OpenOffice als Dokument ablegt und was das ISO-Format spezifiziert, ist nicht deckungsgleich.
Ein Beispiel dafür wird auch gegeben:
Um dem Wunsch der Europäischen Union nach einer ISO-Zertifizierung schnell entgegenzukommen, verzichtete die OASIS beispielsweise auf eine Beschreibung von Rechenfunktionen in ODF. So finden sich dort nur spärliche Hinweise über deren üblichen Aufbau oder daß Formeln im Attribut table: formula zu speichern sind. Die Tabellenkalkulationen von KOffice und OpenOffice verzichten trotzdem nicht auf das Speichern von Rechenformeln ihrer Tabellenblätter; ihre Entwickler mußten so den Standard erweitern.
Unter dem bezeichnenden Zwischentitel "The empire never sleeps" heißt es abschließend:
Microsoft setzt ODF seine eigenen XML-Formate entgegen. [...]
Im Unterschied zu ODF sind Microsofts XML-Formate in der Lage, die Dokumente der schon jahrelang auf dem Markt befindlichen und äußerst funktionsreichen Office-Suite zu beschreiben. ODF dagegen ist laut Microsoft zu funktionsarm und langsam. Das Unternehmen könne daher nicht alleine mit ODF auskommen, ohne den Standard eigenmächtig zu erweitern, und dreht den Spieß um: Warum sollen nicht Microsofts XML-Formate die Grundlage für eine anwendungsübergreifende Dokumentenbeschreibung sein, statt mit ODF das Rad neu zu erfinden?
Ein wichtiges Argument für ODF bleibt seine Herstellerunabhängigkeit - Microsoft wird nachgesagt, es wolle sich bei seinem Dokumentenstandard das Recht vorbehalten, Änderungen und Erweiterungen ohne Abstimmung mit Partnern durchzuführen. So wie das OpenDocument seine Heimat bei der OASIS und nicht bei Sun hat, kümmert sich daher der Industrieverband ECMA seit Dezember 2005 um die Standardisierung von Open XML. [...]
Inwieweit sich Microsofts Office-Software am Ende an den Standard hält, bleibt natürlich die Entscheidung des Softwarekonzerns. Das Gleiche gilt aber auch für OpenOffice und Sun und deren Treue zur OASIS-Spezifikation. Bei aller Freude über das bisher Erreichte gibt es also für die Anhänger und Förderer des ODF noch viel zu tun. Microsoft hat einen technisch mindestens gleichwertigen und formal genau so freien Standard auf dem Weg. In Sachen Zertifizierung hat ODF zumindest zeitlich die Nase vorn. Wenn es der ECMA aber gelingt, mit ihrer Variante von Open XML all das abzubilden, was mit Dokumenten in Microsoft Office schon jetzt darstellbar ist, liegt Microsoft mit seinem Format durch dessen Funktionsvielfalt wieder in Führung.
Dem Ziel, Dokumente reibungslos zwischen Anwendungen auszutauschen, stehen zwei konkurrierende Formate im Weg. Viel wünschenswerter als ein Wettlauf zweier Systeme wäre die Einigung auf einen Standard. Doch dieser Wunsch wird wohl noch einige Jahre unerfüllt bleiben.
(Bernd Butscheidt, René Peinl: Standard mit Freiheiten. OpenDocument verspricht verlustfreien Datenaustausch. In: c't 17/2006, S. 180 - 183. Link siehe oben! Tippfehler gehen auf meine Kappe - ist alles Handarbeit, kein copy & paste!)
Was bleibt zu ergänzen? Daß man Microsoft natürlich nicht "nachzusagen" braucht, daß sie sich nicht an Standards halten, sondern daß sie es seit jeher nicht tun. Weil sie es sich erlauben können. Und daß der Rest, also die ODF-Alliance, schön dumm wäre, wenn er nicht zusammenhielte und auch noch je eigene Varianten von ODF entwickelte.
Du hast zum Teil recht, Peter. Ich habe nochmal nachgelesen und zitiere hier ausführlicher: Zu den Programmen, die den ODF-Standard unterstützen,
[quote] gehören neben OpenOffice bereits die Büro-Suite KOffice [...] - und bald auch das Office-Paket von Microsoft.
Mit der Open-Source-Initiative "Open XML Translator Project" möchte Microsoft nämlich ODF-Add-ins für seine Office-Programme entwickeln. Bereits Ende des Jahres soll jenes für Word 2007 fertig sein, die Unterstützung für Excel und Power-Point nächstes Jahr folgen.
In freudiger Reaktion auf das Umschwenken der Redmonder rief OpenOffice.org in einer Pressemitteilung Microsoft auf, ODF doch gleich als Default-Format zu verwenden. Microsoft will in seinem "Open XML Translator Project" aber längst nicht alles unterstützen, was OpenOffice darstellen kann, sondern nur das, was das ISO-spezifizierte ODF (ISO/IEC DIS 26300) hergibt und verweist auf ein offenes Geheimnis: Was OpenOffice als Dokument ablegt und was das ISO-Format spezifiziert, ist nicht deckungsgleich.[/quote]
Ein Beispiel dafür wird auch gegeben:
[quote]Um dem Wunsch der Europäischen Union nach einer ISO-Zertifizierung schnell entgegenzukommen, verzichtete die OASIS beispielsweise auf eine Beschreibung von Rechenfunktionen in ODF. So finden sich dort nur spärliche Hinweise über deren üblichen Aufbau oder daß Formeln im Attribut [color=darkblue]table: formula[/color] zu speichern sind. Die Tabellenkalkulationen von KOffice und OpenOffice verzichten trotzdem nicht auf das Speichern von Rechenformeln ihrer Tabellenblätter; ihre Entwickler mußten so den Standard erweitern. [/quote]
Unter dem bezeichnenden Zwischentitel "The empire never sleeps" heißt es abschließend:
[quote]Microsoft setzt ODF seine eigenen XML-Formate entgegen. [...]
Im Unterschied zu ODF sind Microsofts XML-Formate in der Lage, die Dokumente der schon jahrelang auf dem Markt befindlichen und äußerst funktionsreichen Office-Suite zu beschreiben. ODF dagegen ist laut Microsoft zu funktionsarm und langsam. Das Unternehmen könne daher nicht alleine mit ODF auskommen, ohne den Standard eigenmächtig zu erweitern, und dreht den Spieß um: Warum sollen nicht Microsofts XML-Formate die Grundlage für eine anwendungsübergreifende Dokumentenbeschreibung sein, statt mit ODF das Rad neu zu erfinden?
Ein wichtiges Argument für ODF bleibt seine Herstellerunabhängigkeit - Microsoft wird nachgesagt, es wolle sich bei seinem Dokumentenstandard das Recht vorbehalten, Änderungen und Erweiterungen ohne Abstimmung mit Partnern durchzuführen. So wie das OpenDocument seine Heimat bei der OASIS und nicht bei Sun hat, kümmert sich daher der Industrieverband ECMA seit Dezember 2005 um die Standardisierung von Open XML. [...]
Inwieweit sich Microsofts Office-Software am Ende an den Standard hält, bleibt natürlich die Entscheidung des Softwarekonzerns. Das Gleiche gilt aber auch für OpenOffice und Sun und deren Treue zur OASIS-Spezifikation. Bei aller Freude über das bisher Erreichte gibt es also für die Anhänger und Förderer des ODF noch viel zu tun. Microsoft hat einen technisch mindestens gleichwertigen und formal genau so freien Standard auf dem Weg. In Sachen Zertifizierung hat ODF zumindest zeitlich die Nase vorn. Wenn es der ECMA aber gelingt, mit ihrer Variante von Open XML all das abzubilden, was mit Dokumenten in Microsoft Office schon jetzt darstellbar ist, liegt Microsoft mit seinem Format durch dessen Funktionsvielfalt wieder in Führung.
Dem Ziel, Dokumente reibungslos zwischen Anwendungen auszutauschen, stehen zwei konkurrierende Formate im Weg. Viel wünschenswerter als ein Wettlauf zweier Systeme wäre die Einigung auf einen Standard. Doch dieser Wunsch wird wohl noch einige Jahre unerfüllt bleiben.[/quote]
(Bernd Butscheidt, René Peinl: Standard mit Freiheiten. OpenDocument verspricht verlustfreien Datenaustausch. In: c't 17/2006, S. 180 - 183. Link siehe oben! Tippfehler gehen auf meine Kappe - ist alles Handarbeit, kein copy & paste!)
Was bleibt zu ergänzen? Daß man Microsoft natürlich nicht "nachzusagen" braucht, daß sie sich nicht an Standards halten, sondern daß sie es seit jeher nicht tun. Weil sie es sich erlauben können. Und daß der Rest, also die ODF-Alliance, schön dumm wäre, wenn er nicht zusammenhielte und auch noch je eigene Varianten von ODF entwickelte.